Romeo und Julia I 2004

    Liebe. Echte Liebe. Große Liebe.
    Die einzige Liebe. Die einzig wahre Liebe.
    Mißgunst, Haß und Streit im lieblichen Verona. Große Gefühle. Musik und Licht. Kampf und Blut und Gewalt.
    Und es gibt keinen Ausweg, kein Entrinnen. Nur Tod und das Versprechen ewiger Liebe. Dies ist die Geschichte von Romeo & Julia.

    Licht, Sound, Sprachfetzen, und in der Luft von Verona liegt nichts als Unheil
    und vergebliche Mühe um das, worauf sie alle aus sind: Liebe. Und als sie dann
    endlich kommt, die Liebe, da geht das Leben dahin und wieder mal kann nichts
    einfach nur so zusammenpassen. Natürlich ausschließlich in der Dichtung – der
    Inszenierung von Shakespeares „Romeo und Julia“ im Bruno-Goller-Haus fehlen
    weder Zusammenhalt noch Zusammenspiel. Und bestimmt fehlen nicht die Gefühle, in
    welcher Schattierung sie auch immer daherkommen.

    Dabei ist Romeo eine Frau und Julia sowieso. Was soll´s, sie können sich
    fabelhaft anstrahlen, sich küssen und – lieben. Auch wenn das begehrende Toben
    unterm Laken steigt, beim Schein des ersten Morgenlichts, und das berühmte
    Schreien von alauda arvensis, jener Feldlerche, die Gelegenheit viel zu früh
    verdirbt: Die Szene gehört zu den magischen Momenten der Aufführung, die mehr
    und mehr Sog ausübt und in eine Atmosphäre zieht, die Unheil ausstrahlt, böse
    Ahnungen, die sich wie Computerwürmer unter der Oberfläche ausbreiten. Selbst
    die von sanftem Blau beschienene Balkonszene, die im Übrigen ohne Balkon
    auskommt, lässt keine Rosamunde-Pilcher-Romantik aufkommen, denn im Raum stehen
    immer noch Romeos Worte: „Die Liebe sei ein zartes Ding? Nein, sie ist rauh, sie
    sticht, ist wild und tobt.“

    Vielleicht nicht gerade in jenem Moment, aber alles führt eben hinein in den
    Tod. Als Romeo (Jennifer Lauri) gegen seinen Widersacher Tybalt (Holger Hennig)
    kämpft, eröffnet das Licht parallel zwei Schauplätze: den Kampf, der abwechselnd
    mit der glücklich-unruhigen Julia (Jessica Richter) im Freeze erstarrt. Und
    spätestens da wird klar, dass Theater nicht nur bedeutet, Text auswendig
    herzusagen oder zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein, sondern viel mehr:
    der Schleier aus Dunst im Raum, die Geräusche, die Schatten in den Ecken, das
    Licht, immer wieder das Licht.

    Und die Musik, wie im wirklichen Leben eine Begleiterin in glücklichen wie
    verheerenden Momenten. Eine Diva (Peter Kröner) läuft beim gräflichen Fest der
    Capulets auf und prahlt „I am what I am“, während der süße Schmerz in „Kissing
    You“, gesungen von Daniela Böse in die Herzen kriecht. Mit dem alten Capulet
    (Klaus Weyers) möchte man zu Beginn des Abends rufen: „Willkommen, meine lieben
    Gäste, ach, all die hübschen Frauen.“ Deswegen geht man natürlich nicht ins
    Theater. Aber wenn alles passt, darf man das ja wohl auch mal sagen.

    Wie die Geschichte ausgeht, wissen sowieso alle. Pater Lorenzo (Lutz Schnitzler)
    befördert die Liebenden mit seinem riskanten Plan ins Paralleluniversum, das wir
    irgendwann alle mal besichtigen werden. Aber noch sitzen wir lebendig da, wollen
    „um Himmels Willen, nein!“ rufen, „macht´s doch anders, verdammt!“, sind also
    irgendwie doch wieder emotional beteiligt. Nach so vielen Aufführungen von
    „Romeo und Julia“ durch die Jahrhunderte und Parodien darauf Grund genug, sich
    zu wundern. Und sich bei Martin Kuchejda (Regie und Licht) und Joachim Kottmann
    (Musik) zu bedanken, dass sie uns doch wieder hineingezogen haben in dieses
    Spiel um Hass und Liebe.

    Volker Dick

    Eine Co-Produktion mit dem Actors Studio Gummersbach.
    Inszenierung, Dramaturgie, Licht: Martin Kuchejda
    Regie-Assistenz: Peter Kröner
    Bühne: Gerit Rupe, Peter Kröner
    Kostüme: Cornelia Nusch, Peter Kröner
    Musikalische Leitung: Joachim Kottmann
    Choreographie: Cornelia Nusch
    Waffenmeisterin: Sandra Nagy
    Graphik: Angela Gambke

    Das Haus der Montague
    Graf Montague: Peter Kröner
    Gräfin Montague: Daniela Böse
    Romeo, deren Sohn: Jennifer Lauri
    Mercutio, dessen Freund: Dominik Blumberg
    Benvolio, Romeos Vetter: Frauke Harder
    Abraham, ein Montague: Wolfgang Colombetti
    Balthasar, Romeos Diener: Alexander Blumberg
    Das Haus der Capulets
    Graf Capulet: Klaus Weyers
    Gräfin Capulet: Ute Sänger
    Julia, deren Tochter: Jessica Richter
    Tybalt, Katzenfürst: Holger Hennig
    Julias Amme: Silke Benninghaus
    Gregorio, eine Capulet: Laura Schröder
    Simson, ein(e) Capulet: Claus Opitz / Janine Benker

    Die Neutralen
    Ansager: Lutz Schnitzler
    Fürst von Verona: Michael Klevenhaus
    Graf Paris, dessen Verwandter: Oliver Conrad / René Baltes
    Lorenzo, ein Priester: Lutz Schnitzler
    Apotheker: Stefanie Höver
    Markus: Alexander Nusch
    dazu Folks, Soldaten, Gefolge